Der „Kern“ der Austro-Politik…

Ein Kern geht um. Es ist der Kern lebendiger und wahrer Politik. Na gut! Ist jetzt etwas dick aufgetragen. Was Bundeskanzler Christian Kern zumindest macht, ist was man sich von einem Politiker halbwegs erwartet.

Nämlich Stellung zu beziehen. Ich werde niemals müde Chantal Mouffes großes Paradigma des Antagonismus gebetsmühlenartig zu wiederholen. Was die Menschen einer wahren und funktionierenden Demokratie haben wollen und was im Endeffekt im Grundbias einer jeden Gesellschaft innewohnt, ist der Antagonismus. Wir Menschen und Völker sind Antagonisten, was ich persönlich auf den tierischen Urtrieb zurückführe. Im Zuge der Evolution und der damit verbundenen Fähigkeit des Denkens, Aushandels und der Aufklärungen und Revolutionen, haben wir gelernt uns gewissermaßen gesellschaftlich zu domestizieren. Haben uns so gut es ging Spielregeln ausgemacht unter welchen wir uns, in der Regel, ohne physische Gewalt zanken und attackieren.

Was in der österreichischen Politik chronisch ist und mittlerweile den Menschen einfach nicht mehr schmeckt, weil wir nicht mehr dem Typus des klassischen Homo-Austriacus der 50er und 70er Jahre entsprechen, ist die latente Befriedungs- und Großkoalitionäre Bussi-Bussi Politik. Unsere österreichische Gesellschaft hat sich mit dem Takt der Globalisierung mit gedreht. Die Globalisierung und die damit verbundene Veränderung des Lebens und der Gesellschaft haben den verloren geglaubten Antagonismus im Wesen des Homo-Austriacus gestärkt. Österreich lässt sich nicht mehr nur in ARBÖ und ÖAMTC, Alpenverein und ASKÖ oder SPÖ und ÖVP teilen. Die politische Landschaft, auch wenn sie sich nur langsam umgestellt hat, ist bunter geworden, weil die Leute und die Gesellschaft bunter geworden sind. Diese Buntheit mag dem einen gefallen dem anderen nicht, was sie aber ohne Zweifel mit sich gebracht hat, sind die aus jeder Buntheit resultierenden Antagonismen.

Die österreichische Politik ist keine Politik von großen Wahlsiegen und Erfolgen mehr. Es bewegt sich immer mehr in Richtung Parteienpluralität. Großkoalitionäre Tendenzen befinden sich im Sinkflug. Die Zeit ist reifer denn je, dass sich die Koalition diesem Faktum bewusst wird. Kern scheint es kapiert zu haben. Er beginnt aktiv Stellung zu beziehen. Spricht wieder moderne und klassische sozialdemokratische Themen und Werte an. Traut sich auch gegen den koalitionären Tenor zu sprechen, ohne Angst vor einem „Honeymoon-Zwist“ mit dem Vizekanzler oder der ÖVP.

Das ganze kommt bei den Menschen an. Gewisse Schichten sprechen definitiv wieder darauf an. Die Menschen mögen es wenn man Stellung bezieht. Herumgehampel alá Werner Faymann kann niemand leiden. Nicht mal die eigene eingefleischte Wimpel tragende Kernparteischicht am 1. Mai.
Ewiggestrige Sitzfleischler, wie es der niederösterreichische Landesfürst Erwin Pröll ist, haben für sowas natürlich kein Verständnis und verharren lieber im alten konkordant‘ischen Machtvakuum. Ablesbar ist dies an Prölls Aussagen gegenüber Kerns Positionierungen oder an Finanzminister Schellings Postulat, Kern sei ein linker Ideologieträger.

Eigentlich ist Schellings Attest das beste Kompliment was ein SPÖ Vorsitzender erhalten kann. Schlimmer wäre es, wenn man ihn als neoliberalen Kapitalisten abstempeln würde, was vielleicht zu gewissem Maße auf vorhergehende Sozialdemokraten zugetroffen hätte.

Nichts desto trotz ist es eine verzwickte Situation. So sehr der Antagonismus auch fehlt. Die Auflösung der Koalition und die daraus resultierenden Forderungen nach Neuwahlen wären für die aktuelle politische Lage mehr als fatal. Es würde jenen Kräften die Macht in die Hand drücken, die zum einen nicht wissen mit ihr richtig umzugehen und zum anderen diese missbrauchen. Daher ist das Gebot der Stunde, so hart und unzufriedenstellenden dies auch klingen mag, den aktuellen Status quo noch bis zu den regulären Wahlen auszusitzen und zu hoffen das Kern seinen Worten endlich Taten folgen lässt. Es würde der Politikqualität gut tun und diese latenten antidemokratischen Schwingungen definitiv besänftigen und einem gesunden Antagonismus den Weg ebnen.

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