Blau-Weißer Wahn…

Brezen, Maß und Weißwurst. Ganz klare Sache. Das Oktoberfest. Heimat der zünftigen Kollektivvernichtung von Gerstensaft ist eigentlich München. „Leider“ schwappt die münchner Tradition in alle Richtungen, jenseits des Weißwurstäquators.

Schauplatzwechsel. Wien. Eine urbane Stadt. Eine mannigfaltige, bunte Stadt die sich eigentlich besser als multinationales Ostblockpflaster, als die Bundeshauptstadt eines Alpenlandes zeigt. Und das seit Hunderten von Jahren.

Wien hat bzw. hatte an und für sich keine alpenländische Kultur. Es gab keine Bierzeltfestivitäten. Es gibt keine offizielle Landeshymne. Blasmusik ist nicht weit verbreitet. Untersuchungen von Medienwissenschaftlern zeigten, dass ORF-Regionalradios in allen anderen Bundesländern einen deutlich höheren Anteil an volkstümlicher Musik besitzen, als das Regionalradio in Wien. Zurückzuführen ist diese Tatsache auf die nicht vorhandene Blasmusikkultur und das damit verbundene Desinteresse dieser, in der Hauptstadt. Außerdem hat die Hauptstadt keine Tracht. Jedes Bundesland kann auf eine eigene Musterung oder Besonderheit in der Trachtenmode verweisen. Wien nicht.

Die Stadt ist morbide. Hat einen dunklen und biederen Humor. Nicht umsonst kursiert das Gerücht das WienerInnen und Wiener grantig sind. Man möchte fast meinen Wiener und Innen sind nicht lebensfroh. Was natürlich nicht stimmt. Unter anderem im musikalischen Bereich zeigt sich Wien in lebensfroher lustiger Manier. Feuchtfröhliche Wienerlieder besingen das Leben in der Stadt und die damit verbundenen Situationen und Gestalten.

Punkt ist. Wien ist sicher keine Metropole mit alpenländischer Kultur. Umso skurrile und trauriger ist es, dass man sich der eigenen Kultur die bisher in mannigfaltigen Formen auftritt, nicht bewusst ist. Man vergewaltigt sich eine alpenländische Kultur auf, die nicht da ist. Die auch nie zu der Stadt passen wird.

Klar ist, dass die Trachtenkultur derzeit In ist. Dirndl und Lederhosen sind ein Exportschlager mit dem man Geld machen kann. Weltweit expandiert das Erfolgskonzept „Oktoberfest“. Nicht nur Wien ist in diesem modisch-wirtschaftlichen Traditionswürgegriff, sondern auch in Osteuropa, Lateinamerika, Asien und unzähligen anderen Teilen des Erdballs frönt man der alpenländischen Bierzelterrei.

Vielleicht ist es nur eine Frage der Zeit bis auch dieser Trend modisch und wirtschaftlich total ausgeschöpft ist. Andererseits kann man froh sein, dass auch der Oktober vorbeigeht und die blau-weißen Festzelte der Stadt den Rücken kehren werden. Zumindest bis zum nächsten Jahr. Der Countdown läuft!

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